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Stolz blickt sich van Bo Le-Mentzel um. Der 40-jährige
Berliner Architekt steht gerade in der von ihm
entworfenen „100-Euro-Wohnung“. Van Le-Mentzel ist
sich sicher: „Dies ist Deutschlands kleinste Wohnung
– zwei Etagen auf 6,4 Quadratmetern, die Decken sind 3,6 Meter
hoch!“ Als Holzhaus-Modell stellt van Le-Mentzel die Mini-Wohnung
derzeit auf dem Museumsgelände des Berliner Bauhaus-Archivs
aus, geparkt auf dem Anhänger eines Pkws.
Im Erdgeschoss der Wohnung steht eine Couch frontal zu einer Kochnische, hinter die sich ein Bad mit WC und Dusche duckt. In die zweite Etage klettert man über eine Holzleiter in den Schlafbereich mit Matratze. Hier gibt es auch einen Arbeitsplatz: In einer Aussparung im Boden zum Küchenregal hin, das bis in die zweite Etage hochragt, kann man sich auf die Kante setzen, die Beine in die Bodenmulde baumeln lassen und die Decke des Küchenregals zur Schreibtischplatte umfunktionieren.
Die „100-Euro-Wohnung“ trägt nicht umsonst den Spitznamen „Tiny100“, denn van Le-Mentzel hat mit ihr das „Tiny House“- Konzept variiert. „Tiny Houses“, wörtlich übersetzt „winzige Häuser“, boomen, und nachdem der amerikanische Designer Jay Shafer als Pionier der Bewegung eine Mini-Hütte aus Holz errichtete, haben viele Architekten in aller Welt sie nachgezimmert. Was van Le-Mentzel – schlank, kurzgeschorene Haare, verschmitztes Dauerlächeln – nun daraus gemacht hat, ist indes einzigartig. Der Architekt hat einen Wohnraum geschaffen, für den man nur 100 Euro Warmmiete zahlen müsste, weil er so klein ist. „Man kann aber immer noch darin leben und sich bewegen“, sagt er.
„Ich will es möglich machen, dass alle Menschen, unabhängig von ihrem Einkommen zentral in einer Großstadt wohnen können.“
- Van Bo Le-Mentzel, Architekt
„Ich will es möglich machen, dass
alle Menschen, unabhängig von
ihrem Einkommen, zentral in einer
Großstadt wohnen können“, erklärt
van Le-Mentzel sein Engagement. Ihm
geht es außerdem um eine neue
Architektur, die das Bedürfnis nach
Gemeinschaft aktiviert. „Ich plane ein
Co-Being-Haus, das nur aus ,100-Euro-
Wohnungen‘ besteht und aus
einem großen Gemeinschaftsbereich.
Ihm sei klar, „dass man sich in einer
so kleinen Wohnung wie ,Tiny100‘
nicht zurückziehen kann“.
EIN DACH ÜBER DEM KOPF – FÜR JEDEN
Genau das sollen die Bewohner auch nicht. „Sie sollen rauskommen aus ihren Wohnungen, sich im Gemeinschaftsbereich treffen, miteinander kochen, fernsehen, quatschen“, sagt van Le-Mentzel. Wer nicht so viel Geld habe, miete eben nur ein einzelnes „Tiny100“ an, „wer mehr hat“, erläutert der Architekt, „könnte mehrere anmieten, die sich übrigens miteinander verbinden lassen durch eine herausnehmbare Wand.“ Die Idee: Arme und Reiche könnten so unter einem Dach wohnen und ein Miteinander entwickeln.
Ihr Verhältnis wird dann hoffentlich so natürlich wie das Material, das van Le-Mentzel hauptsächlich zur Innenausstattung verwendet hat: Das Küchenregal, die Leiter zum Hochklettern in die zweite Etage sowie der gesamte obere Bereich selbst sind komplett aus Lärchenholz. Und der Boden im Erdgeschoss ist Parkett aus Eiche. „Das Achsraster des Co-Being-Hauses ist so konzipiert, dass es auch als Ökohaus aus Holz, Lehm und Stroh gebaut werden könnte“, verrät van Le-Mentzel. „Dann würde eine ,100-Euro-Wohnung‘ vermutlich doppelt so teuer werden.“ Er ist sicher: „2019 werde ich bauen! Ich suche gerade in den deutschen Großstädten ein Grundstück, und wenn ich es gefunden habe, wird das die Revolution des Wohnungsmarktes!“
Gerade betritt er das Badezimmer von „Tiny100“. Direkt vor einem Spiegel ist nur ein Fensterflügel in die Wand eingebaut, aber da sich dieser eine Flügel im Schrank spiegelt, erscheint es wie ein ganzes Fenster. Le-Mentzel schaut in den Spiegel hinein, legt die Fingerspitzen auf die glatte Oberfläche und raunt seinem Spiegelbild die Frage zu, die sich die Nachbarn der Zukunft seiner Vision nach gegenseitig beantworten sollen: „Wer bist du?“
Der Architekt van Bo Le-Mentzel hat die Berliner
Tinyhouse University gegründet. Zuvor baute
er Hartz-IV-Möbel, die sich jeder leisten konnte.
Sein wirtschaftliches Gegenkonzept nennt
er Karma-Psychologie. Sein Ziel lautet:
Wohn- und Lebensraum für alle Schichten
der Gesellschaft zu schaffen.
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